CampusGrün Hamburg

Interview mit Kai Gehring (MdB): Mit mutigen Schritten aus der sozialen Schieflage

Kai Gehring MdB (Bild: © Guido Rottmann)

© Guido Rottmann

Kai Gehring ist Diplom Sozialwiss. und seit 2005 für Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag als jugend- und hochschulpolitischer Sprecher.

Die DemonstrantInnen werden im Moment von allen Seiten gelobt, doch Schuld oder verantwortlich ist niemand. Was ist dein Rat an die demonstrierenden Studenten?

SchülerInnen und Studierende sollten den Druck hochhalten, den sie mit ihren kreativen Protesten aufgebaut haben. Im Juni hat Ministerin Schavan dieselben Forderungen der Bildungsstreikenden als „gestrig“ abgekanzelt, jetzt können sie sich vor Solidaritätsbekundungen kaum retten. Die grünen Fraktionen in den Länderparlamenten und im Bundestag werden weiter Druck machen, damit Lippenbekenntnisse und Ankündigungen zügig zu konkreten Maßnahmen und Ergebnisse führen. Wir brauchen jetzt bessere Studienbedingungen, höhere Bildungsinvestitionen und eine Bologna-Korrektur, die in den Hörsälen ankommt!

Wie viele Studierende bist auch du dafür, Studiengebühren abzuschaffen. Können die Universitäten ohne das zusätzliche Geld auskommen? Wie kann man Alternativen schaffen?

In Hessen und demnächst im Saarland sind die Studiengebühren durch tatkräftige Grüne abgeschafft, in Hamburg in einem ersten Schritt entschärft. Das Geld, was den Hochschulen durch das Ende der Campus-Maut wegfällt, muss kompensiert werden. Denn schon heute sind die Hochschulen bundesweit eklatant unterfinanziert. Allein um die Qualität der Lehre zu verbessern, brauchen wir bundesweit jährlich rund 1,1 Milliarden Euro zusätzlich. Wer wie die Bundesregierung milliardenschwere Steuergeschenke an Besserverdienende und Lobbyverbände schnürt, entzieht der „Bildungsrepublik“ die finanzielle Basis und setzt falsche Prioritäten.

Das Bafög soll erhöht werden und ein Nationales Stipendienmodell geschaffen werden. Was ist das Grüne Konzept zur Studienfinanzierung?

Mit den Mitteln, die Schavan in ihr ungerechtes Stipendiensystem stecken will, ließe sich das BAföG sofort um 10% erhöhen. Daher fordern wir eine schnelle BAföG-Novelle ein. Dies ist aber nur der Auftakt für einen mutigen Ausbau der staatlichen Studienfinanzierung. Wir Grüne wollen ein Zwei-Säulen-Modell: mit einem elternunabhängigen Sockel für alle und einer sozialen Komponente für die, die es brauchen. Im Gegensatz zu einem Studierendengrundeinkommen bringt das grüne Zwei-Säulen-Modell eine zielgenaue und zielgruppengerechte Förderung. Studierenden aus reichen und armen Familien ein gleiches Grundeinkommen zu überweisen, wäre ungerecht. Mit dem Zwei-Säulen-Modell leisten wir dagegen einen Beitrag zur dringend notwendigen sozialen Öffnung der Hochschulen. Bildungsbeteiligung und Studierendenquote würden mit der neuen Förderung erhöht.