CampusGrün Hamburg

Aktuelles

Warum wir die Hochschulgruppe CampusGrün Hamburg auflösen

23. Dezember 2022

Nach 15 Jahren insgesamt und 6 Jahren in der jetzigen Konstellation löst sich CampusGrün Hamburg auf. Die Auflösung ist das Zwischenergebnis eines etwa einjährigen Reflektionsprozesses. Wir waren schon lange der Auffassung, dass mit der Fiktion, mensch könnte dauerhaften gesellschaftlichen Fortschritt innerhalb des "Spektakels" (Debord) erreichen, gebrochen werden muss. Als Spektakel bezeichnen wir die Tendenz, dass im fortgeschrittenen Kapitalismus mediale Inszenierung und Konsum von politischen Scheinkonflikten das Bedürfnis nach relevanten Kämpfen ersetzt.

Einige Jahre erschien uns dieser Ansatz mit unserer Arbeit als CampusGrün vereinbar, da unsere Tradierung innerhalb der Hochschulpolitik und der grünen Partei einige organisatorische Vorteile brachte, die den Nachteil, in unserer revolutionären Praxis mit diesen Akteur*innen verbunden zu werden, überwog. Inzwischen hat sich diese Einschätzung gedreht, insbesondere weil sowohl grüne Partei als auch Universität und Hochschulpolitik sich noch weiter in Richtung eines autoritären Technokratentums mit liberaler Rhetorik entwickelt haben. Aber auch weil wir zu der Auffassung gelangt sind, dass uns der einhegende Sog des Spektakels auch dann nicht verschont, wenn wir um seine Existenz wissen.

Aus diesem Grund löst sich CampusGrün Hamburg zum 31.12.2022 auf.

Den damit verbundenen Reflektionsprozess wollen wir mit Mitstreiter*innen und sonstigen Interessierten teilen. Wir hoffen, dass unsere theoretischen und praktischen Erfahrungen in den Niederungen Hamburger Hochschulpolitik Euch dazu inspirieren, keine falschen Hoffnungen in linksliberale Selbstdarsteller*innen, die sich als Stellvertreter*in für die Interessen der Bevölkerung inszenieren, zu setzen. Unabhängig davon, ob diese im Grünen, AStA-, postautonomen oder moralavantgardistischen Gewand daherkommen. Stattdessen würden wir uns freuen, (weiterhin) gemeinsam mit Euch kämpfen zu können, ab jetzt vielleicht in Strukturen, die geeigneter dafür sind als es dieses "CampusGrün" war.

Hier findet ihr die ausführliche Version unserer Aufloesungserklärung.

Stellungnahme zu den Ereignissen rund um die Audimax-Besetzung

08. Juni 2022

Am vergangenen Donnerstag (2.6.) wurde das seit Montag besetzte Audimax durch die Polizei geräumt. Die Besetzer*innen von 'Letzte Generation' fordern, dass der Ukraine-Krieg nicht zur Verlagerung von russischen zu anderen fossilen Energien, sondern zum Ausstieg aus diesen führt. Mit ihrer Besetzung wollten sie eine entsprechende Positionierung der Uni bzw. ihres Präsidiums erzwingen. Nachdem der Präsident nach einem Gespräch mit den Besetzer*innen seine Ablehnung des Anliegens zum Ausdruck gebracht hatte und dabei betonte, dass es nicht Aufgabe der Universität sei, sich in bundespolitischen Fragen zu positionieren, wurde das Audimax durch die Besetzer*innen mit Farbe besprüht und mit Bannern und Slogans ausstaffiert. Daraufhin entschied das Präsidium, den Hörsaal durch die Polizei gewaltsam räumen zu lassen, wobei auch völlig unnötigerweise Schmerzgriffe angewendet und extra das SEK aus Ratzeburg herbestellt wurde.

Nach nur wenigen Wochen im Amt bricht der Präsident Hauke Heekeren ein langjähriges Tabu: Seit 2009 wurde die Polizei nicht mehr auf den Campus gerufen, um eine Besetzung gewaltsam aufzulösen. Gleichzeitig besaß er noch während der laufenden Räumung die Dreistigkeit, im Akademischen Senat vom 'zwanglosen Zwang des besseren Arguments' zu reden, damit das Druckmittel der Besetzung zu kritisieren, und gleichzeitig ein massives Polizeiaufgebot einzubestellen.

Kurz nach dem vom Präsidium zum ersten Mal seit Jahren die Polizei auf den Campus bestellt wurde, um Klimaaktivist*innen aus einem besetzten Hörsaal zu räumen, fällt dem von FFF und Jusos getragenen AStA nichts besseres ein, als eine gemeinsame Pressemitteilung mit eben diesem Präsidium rauszugeben. Darin verliert der AStA kein Wort über die angeordnete Räumung, solidarisiert sich weder mit den Besetzer*innen noch mit deren konkreten Forderungen, sondern nutzt die Gelegenheit in erster Linie, um die eigene Bravheit gegenüber der vermeintlichen Autorität der Uni zu betonen und sich damit zumindest implizit von den Aktionsformen der Besetzer*innen zu distanzieren: Man selbst setze beim Klimaschutz auf „kooperative Veranstaltungen und Gespräche“.

Auch wir stimmen nicht in allen Punkten mit den Herangehensweisen von „Letzte Generation“ überein. Dass sich der AStA aber in dieser aus ökologischer Sicht sehr einfach zu bewertenden Frontstellung nicht positioniert, spricht Bände: Statt sich inhaltlich mit den Forderungen von Aktivist*innen zu beschäftigen, sich zu diesen zu positionieren und sich im Moment der konkreten Auseinandersetzung zu solidarisieren, ist es FFF und Jusos mal wieder wichtiger, die eigene Staatstreue und Autoritätshörigkeit zu betonen. Kritik am Präsidium für die Anordnung der gewaltsamen Räumung auf dem Campus sucht man vergebens. Wieder ist deutlich geworden, dass der AStA leider alles andere als ein zuverlässiger Verbündeter für soziale Bewegung auf dem Campus ist.

Was diese Kombination aus dem neuen, kompromisslosen und gewaltbereiten Präsidium auf der einen und dem staatstreuen, autoritätshörigen AStA auf der anderen Seite in Zukunft für soziale Bewegung am Campus bedeuten wird ist noch unklar, macht aber definitiv Sorge.

Ergebnis der Wahlen zum Studierendenparlament und zum Akademischen Senat

31. Januar 2022



Bei den vergangenen Wahlen hat CampusGrün erneut verloren (minus einen Sitz im StuPa, minus 9,2% bei der AS-Wahl), vermutlich an FFF, die erneut zulegen (13 statt 9 Sitze im StuPa, +5,7% und 2 statt 1 Sitz im AS). Dass FFF trotz des Erschlaffens der Bewegungsdynamik und der enttäuschenden Praxis im AStA zulegen kann, bestätigt die schon bei der Bundestagswahl zu beobachtende Tendenz, dass die Protestphase im FFF-Bewegungszyklus vorbei ist, die Hegemonie sich durch die inhaltsleere „Anerkennung“ der klimapolitischen Forderungen stabilisieren konnte und diese Niederlage von FFF zum moralischen Mehrwert umgedeutet wird, der darin bestünde, im Recht gewesen zu sein und trotzdem staatstragend Verantwortung übernommen zu haben. Die (Selbst)institutionalisierung als zukünftige NGO schreitet – auch durch die Hierarchisierung in Basismitglieder und bezahlte „Funktionär*innen“ im AStA – weiter voran.

Innerhalb der linken Listen gibt es ansonsten kleinere Verschiebungen: Das linkssozialdemokratische BAE verliert im AS (-1 Sitz), gewinnt aber im StuPa (+2 Sitze), die postautonomen Unicorns verlieren inklusive Tarn- und assoziierten Listen 1-2 Sitze (Zugehörigkeit von „Dumbledores Armee“ unklar), die nach 2 Jahren Pause wieder angetretene bewegungsnah-leninistische „Studierendeninitiative“ erringt 2 Sitze.

Der staatstragende AStA-Kern-Block gewinnt deutlich, insbesondere durch FFF und durch die Auflösung der unabhängigen Medizin-Fachschaftsliste, die die Juso-Tarnliste in der Medizin stärkt (+2 Sitze). Insgesamt kommt der Block damit auf 20 Sitze und braucht noch weniger untertänigen Anhang zusammenzusammeln als in den letzten Jahren. Vermutlich dürfen die Unicorns weiterhin mitspielen, es stellt sich aber natürlich weiterhin die Frage, ob das aus Sicht einer, zumindest dem Selbstverständnis nach, linksradikalen Gruppe wirklich ein Kompliment ist…

Der konservative Block verliert nominell leicht, aber dessen Machtposition hängt sowieso nicht von der Fraktionsstärke ab, sondern von der Funktion des Parlamentspräsidenten als Brandmauer gegen die reformistische Kritik des BAE, die bei den in politischer Irrelevanz um sich selbst kreisenden AStA-Akteur*innen vor allem als zeitliche und nervliche Belastung ankommt. Bei den Wahlen hat er dafür mal wieder ganze Arbeit geleistet: Mit der Verzögerung und dann scheibchenweisen Verlängerung der Briefwahl, der Abschaffung fast aller Urnen bei der Präsenzwahl und verschiedenen kleineren Mätzchen hat das Ausmaß an Einschränkungen formaldemokratischer Rechte und präsidialer Willkür neue Dimensionen erreicht.

So werden wir auch in der kommenden Legislatur in beiden Gremien unsere politische Arbeit in doppelter Opposition fortsetzen – zum herrschenden Unibetrieb, aber auch zur dysfunktionalen „Interessenvertretung“ der Studierenden durch die Juso-FFF-Hegemonie.

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